Die Geschichte des Möbelbaus - Gotik

 

Die gotische Architektur brachte neue, dramatische Raumvorstellungen durch den Gebrauch von Spitz- und Strebebögen. Doch die Möbel des 12. Jahrhunderts wurden durch den neuen Stil kaum beeinflusst. Die gotischen Kathedralen waren einfach und praktisch ausgestattet, die Wände mit Tapisserien behängt. Bis etwa 1400 findet man die typischen Dekorationselemente der Gotik wie Spitzbögen nicht in der Möbelkunst, später jedoch wurden Filigranmuster und Bögen auf die Täfelungen von Stühlen, auf Truhen und Tische jeder Größe geschnitzt.

Im 15. Jahrhundert begannen sich neue Möbeltypen herauszubilden, darunter die Anrichte, die einen kleinen Stauraum enthielt und eine Ablage besaß. Schränke wurden entweder zwei- oder dreistufig gebaut. Jede Stufe enthielt je einen mit Türen abgeschlossenen Stauraum. Ein weiteres wichtiges Möbelstück zur Aufbewahrung von Gegenständen war der bis ins 16. Jahrhundert gebaute Armoire, ein eintüriger Schrank, der meist von vier schlanken Säulen eingefasst war. Daneben setzten sich dekorative senkrechte Schnitzereien (Faltwerk) durch, die wie drapierte Textilien aussahen. Der gotische Stil beeinflusste den Möbelbau bis Ende des 16. Jahrhunderts.

Die Möbel der Gotik entsprechen mit ihren reichen Verzierungen und den durchbrochenen Flächen der Architektur dieser Zeit. Sie sind nicht mehr aus derben, massiven Holzteilen wie in der Romanik, sondern bestehen aus tragenden Elementen, füllenden Flächen und haben zusätzliche Funktionen. So sind Tische zum Beispiel durch eine aufklappbare Platte auch als Schreibtische verwendbar. Auch Schränke haben nicht mehr nur eine einfache Kastenform, sondern sind reich verziert und haben eingebaute Schubladen. Wenngleich ist noch die Entstehung der Schränke aus ursprünglich zwei übereinandergestellten Truhen sichtbar. Die Truhe selbst bleibt außerdem ein beliebtes Möbelstück, um die Brautaussteuer dort anzusammeln und aufzubewahren. Dem Anlaß gemäß sind die Truhen oft auch besonders reich mit Schnitzwerk und Bemalungen geschmückt. Das Bett gewinnt in der Gotik an Bedeutung. An den hochaufsteigenden Pfosten können Vorhänge angebracht werden. Die Stühle werden nach wie vor in der Kastenform gestaltet, erhalten aber zusätzlich Rücken- und Armlehnen.

Die gotischen Möbel zeigen bereits alles, was auch bis heute die Kunst des Tischlers ausmacht und man findet daran fast alle auch heute noch gültigen Standardholzkonstruktionen und Holzverbindungen, Grate, Nut und Federn, Zapfen, Zinken, Spundungen und Dübel (Holznägel). Die Tischler arbeiteten mit gleichmäßigen, dünnen Brettern und sogar schon einfachen Furnierungen, die Möbel wurden leichter und mobiler. Durch eine solide Rahmenkonstruktion konnte zudem dem Werfen, Schwinden und Reißen des Holzes begegnet werden.

Baldachinbett, 1470
München, Bayerisches
Nationalmuseum
Brauttruhe, um 1495, Eiche.
Braunschweig,
Städtisches Museum
Schrank aus Tirol,
Ende 15. Jh., Bayerisches
Nationalmuseum

 

Gotik (13. - 15. Jh.)
Renaissance (16. Jh.)
Barock (17. Jh.)
Rokoko (Anf. 18. Jh.)
Klassizismus (Ende 18. Jh.)
Biedermeier (19. Jh.)