Die durch die Wiederbelebung antiker Stilelemente und Lebensideale gekennzeichnete Epoche der Renaissance brachte Änderungen im Möbelbau mit sich, der sich stark an der Architektur orientierte. Die Gliederungsprinzipien für Außenfassaden wurden auch auf Möbel übertragen; so entstanden beispielsweise Kastenmöbel mit Sockel und aufgesetzter, auskragender Attika, und Tische wurden von Balustern getragen. Das am weitesten verbreitete Möbelstück jedoch blieb, wie bereits in der Gotik, die Truhe.
Italien: Eine der ersten Neuerungen im Möbelbau kam aus Italien und war die geschmückte Truhe (Cassone), die mit Goldauflagen, Stuck und aufgemalten Verzierungen geschmückt war, welche auf antike Vorbilder zurückgriffen. Idee und Form der Cassone stammt von römischen Sarkophagen. Inneneinrichtungen auf Gemälden des 15. Jahrhunderts, wie in Vittore Carpaccios Legende der heiligen Ursula (1490-1495, Accademia, Venedig) oder den Darstellungen aus dem Leben Marias (1485-1494) im Chor von Santa Maria Novella in Florenz von Ghirlandaio, lassen bei italienischen Möbelentwürfen vor der Hochrenaissance gegen Ende des 15. Jahrhunderts eher auf eine gewisse gestalterische Zurückhaltung schließen.
Im 16. Jahrhundert begannen sich reichere Einlegearbeiten, phantasievolle Schnitzereien und die Bevorzugung von Nussbaum anstelle von Eiche durchzusetzen. Tragbare Faltstühle mit Sitzflächen aus Tapisserie oder Leder wurden gebaut und Chaires, Kastensitze mit Armlehnen und hoher Rückwand, entworfen. Der bürgerliche Einrichtungsstil brachte Möbel mit Flachschnitt-Dekorationen hervor, die mit Beize eingefärbt wurden; neben Hartholz wurde nun auch die preiswertere Fichte verarbeitet.
Frankreich: Reichere Verzierungen als in Italien kann man auf französischen Möbelstücken des 16. Jahrhunderts finden, die unter dem Einfluss der Renaissance entstanden. Die Stilvielfalt dieser Epoche gelangte durch italienische Künstler nach Frankreich, die an den Höfen von Franz I. und seinem Sohn Heinrich II. tätig waren, oder wurde durch Handbücher für italienischen Möbelbau verbreitet, die damals in Europa zirkulierten. Während der Regierungszeit Heinrichs I. wurden Möbel nach Vorlagen des Architekten Jacques Du Cerceau hergestellt. Eine wichtige Persönlichkeit war auch der Kunstschreiner Hugues Sambin, der ein einflussreiches Werk über Möbelentwürfe veröffentlichte; einige der darin vorgestellten Möbelstücke nehmen bereits Ideen des Klassizismus vorweg. Während der Regierungszeit Ludwigs XIII. (1610-1643) wurde der Möbelstil schmucker, üppiger und durchweg repräsentativer. So kamen Ebenholz (wovon sich der französische Name Ebéniste für Kunstschreiner ableitet) und reiche Hornfurniere in Mode, die die Schnitzereien ablösten.
England: Typisch für englischen Möbelbau waren einfache Verzierungen bei gedrechselten Teilen und stilisierte Blumenmotive. Im 16. Jahrhundert war Eiche die in der englischen Möbelherstellung beliebteste Holzart. Wie in Frankreich blieben Gestaltungsmerkmale der Renaissance bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts hinein dominant. Die Niederlande :Zwei Bücher über Möbelentwürfe, die Anfang des 17. Jahrhunderts großen Einfluss ausübten, wurden von Jan Vredeman de Vries und Crispin van de Passe in Amsterdam veröffentlicht. Die holländischen Schreiner fertigten Möbel, die sich mehr an englischen als an französischen Formen orientierten. Eine besondere Ausprägung des nun mehrtürigen Armoire, der mit tiefen Zierleisten dekoriert war, ist typisch holländisch und wurde noch lange von holländischen Siedlern in Nordamerika hergestellt. Der holländische Einfluss war wie in Frankreich Musterbüchern zu verdanken und wirkte auf andere nordeuropäische Staaten weiter.
Spanien: Das Aussehen spanischer Möbel wurde von der katholischen Tradition der Habsburger und zugleich durch die lange Zeit vorherrschende maurische Tradition bestimmt. Der Hof gab stereotype, dunkel gebeizte Möbelstandards vor. Feine Muster auf Fliesen und Leder und kühne Kombinationen von Holz, Eisen und Gold (bzw. Vergoldung), die hier bis ins 16. und 17. Jahrhundert beliebt waren, unterstrichen das Fortwirken des maurischen Einflusses.
![]() |
![]() |
Renaissance Sessel aus der Zeit um 1630/40 | Frankreich um 1560/ 70, Stuhltisch |
Gotik (13. - 15. Jh.) Renaissance (16. Jh.) Barock (17. Jh.) Rokoko (Anf. 18. Jh.) Klassizismus (Ende 18. Jh.) Biedermeier (19. Jh.)